Rationale-Emotive Therapie: Eine Überprüfung der Lebensphilosophie
Die Rationale-Emotive Verhaltenstherapie (RET) wurde von Albert Ellis aus der Praxis für die Praxis entwickelt. Die Methode der RET zählt heute zu den kognitiven Verhaltenstherapien. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht der Mensch. Durch blockierende Gefühle und Einstellungen wird der Mensch als soziales Wesen daran gehindert seine Ziele im Leben zu erreichen. So genannte irrationale Bewertungen und emotionale Störungen bewirken ein dysfunktionales Verhalten. Typisch für dysfunktionale Denkmuster sind Überbewertungen, grobe Vereinfachungen, unzulässige Verallgemeinerungen, unlogische und unbewiesene Annahmen, fehlerhafte Schlussfolgerungen und absolutistische, egozentrisch wirkende Auffassungen. Das führt zu irrationalen Bewertungen, die einen hohen Leidensdruck auslösen, und oft mit „niedriger Frustrationstoleranz“ und „Selbstverurteilung“ einhergehen. Ziel der Rationale-Emotive Verhaltenstherapie ist es, Störungen zu Beheben und psychischen Leidensdruck abzubauen. Ellis geht davon aus, dass der Mensch eine natürliche Neigung hat, irrational zu denken, wobei bis heute die Ursache irrationaler Bewertung nicht erklärt werden kann. Der Hauptansatz der RET liegt in der Veränderung des Verhaltens, wodurch sich auch die Emotionen verändern. Die Wahrnehmung, die Bewertung und die Einstellungen werden thematisiert und eingeordnet. Dadurch ergibt sich eine veränderte Perspektive auf den Lebensweg und die Lebensphilosophie. Emotionale Störungen sind das Produkt von wiederholten Fehleinschätzungen und Bewertungen, die in Form von Selbstgesprächen und Selbstbestrafungen aufrechterhalten werden. Neue Wahrnehmungsweisen und Informationsfluss können dazu dienen, Einstellungen und Überzeugungen nachhaltig zu verändern.
Ellis (1977) legt eine Liste mit 11 weitverbreiteten irrationalen Überzeugungen vor:
1. Die Meinung, es sei für jeden Erwachsenen notwendig, von fast jeder wichtigen Bezugsperson geliebt oder gemocht zu werden.
2. Die Meinung, dass man sich nur dann als wertvoll empfinden dürfe, wenn man in jeder Hinsicht kompetent, tüchtig und leistungsfähig sei.
3. Die Idee, dass bestimmte Menschen böse, schlecht und verdorben seien und man sie streng bestrafen und ihnen Vorwürfe machen müsse.
4. Die Vorstellung, dass es schrecklich und katastrophal sei, wenn die Dinge nicht so sind, wie man sie gerne hätte.
5. Die Vorstellung, dass menschliches Leiden durch äußere Umstände bedingt sei und dass der Mensch kaum oder gar nicht die Fähigkeit habe, seine Sorgen und seine psychischen Probleme zu beeinflussen.
6. Die Überzeugung, dass man sich über tatsächliche oder eingebildete Gefahren große Sorgen machen müsse und ständig über das mögliche Eintreten dieses Ereignisses nachgrübeln müsse.
7. Die Meinung, es sei leichter, Schwierigkeiten und Verantwortung zu vermeiden,als sich dem zu stellen.
8 Die Vorstellung, dass man von anderen abhängig sein sollte, dass man einen Stärkeren braucht, auf den man sich stützen könne.
9. Die Vorstellung, dass die eigene Vergangenheit das gegenwärtige Verhalten determiniert und dass etwas, das sich früher einmal auf unser Leben auswirkte, dies auch weiterhin tun müsse.
10. Die Neigung, sich durch Probleme und Verhaltensschwierigkeiten anderer Leute, ganz aus der Fassung bringen zu lassen.
11. Die Vorstellung, dass es für jedes menschliche Problem eine unbedingt richtige, perfekte Lösung gibt und dass es eine Katastrophe sei, wenn diese perfekte Lösung nicht gefunden würde.
(Ellis, 1977, S.63-90)
Diese und ähnliche Überzeugungen hindern Menschen häufig daran, glücklich zu sein und die grundlegenden Ziele im Leben zu erreichen. Aufgrund dessen muss, laut der Therapeutin Ellen Krause, ein Abgleich der Verstandsebene mit der Gefühlsebene in Gang gebracht werden. „Kopf“ und „Bauch“ müssen bestimmte Widrigkeiten des alltäglichen Lebens „diskutieren“. Aus der veränderten Wahrnehmung kann ein verändertes Verhalten entstehen. Dabei gibt Ellen Krause ihren Klienten „Hilfestellungen“. Es geht darum zu erkennen, dass sich Umstände und Widrigkeiten, kurz- oder auch langfristig nicht verändern lassen. Das Ziel dabei ist, dass man sich die Klienten weder resignativ, noch gleichgültig zurückziehen können, sondern verstehen, dass es keine perfekte Lösungen gibt. Es existieren nur bessere oder schlechtere Alternativen. Die Rationale-Emotive Therapie wird als umfassender Behandlungsansatz für psychische Störungen angesehen, mit besonderem Wert in der Offenheit für das Einbringen anderer Psychotherapiestrategien, zum Beispiel Gesprächs- oder Gestalttherapie.